Eigentlich sollte an dieser Stelle eine Widmung zum 100. Geburtstag von Wolfgang Beyer stehen, doch es kam anders. Wenige Monate vor dem Jubelfest am 28. August 2014 verstarb unser Ehrenmitglied und über lange Jahre auch ältestes Vereinsmitglied nach kurzem Krankenhausaufenthalt.

Sein langes Leben war geprägt von vielen Höhen und Tiefen. Am 25.12.1914 als Sohn einer der angesehensten Familien Bayreuths in den Wirren des Ersten Weltkrieges geboren, erlebte er trotz der unruhigen Zeiten eine behütete Kindheit. Doch es sollte nicht so bleiben. Kurz nachdem er ein Gartenbau-Studium begonnen hatte, brach der zweite Weltkrieg aus. Anfangs noch als deutscher Soldat an der Front, wurde er wegen seiner teilweise jüdischen Abstammung degradiert und schließlich in ein Konzentrationslager gesteckt. Dort erlebte er das Ende des Krieges zwar körperlich weitgehend unbeschadet, doch seelisch stark verletzt.

Zusammen mit seiner Frau – er hatte inzwischen geheiratet – betrieb er jahrelang eine eigene Gärtnerei. Nach Aufgabe dieses Betriebes war er bis zu seiner Pensionierung als leitender Gärtner einer großen Klinik tätig.

In diesen Jahren wuchs seine Beziehung zur Natur und insbesondere die Liebe zu den Pilzen. Wie viele von uns begann er mit den Röhren- und Blätterpilzen. Im Laufe der Jahre entwickelter er sich immer mehr zum Ascomyceten-Spezialisten, ohne allerdings dabei die anderen Pilzgruppen aus dem Gesichtsfeld zu verlieren.

Jahrzehntelang nahm Wolfgang aktiv am Geschehen der DGfM teil und hat in dieser Zeit kaum eine Tagung versäumt.

Herausragend sind mehrere, in den 90er Jahren erschienenen, Arbeiten zur Pilzflora von Bayreuth und Umgebung, in denen das Pilzvorkommen dieser Region umfassend dokumentiert wird. Die Daten hierzu wurden über mehrere Jahrzehnte von Ihm ganz allein zusammengetragen und – abgesehen von einigen Sonderfällen – auch von ihm bearbeitet. Die in dieser Flora publizierten zahlreichen Mikroskizzen lassen erahnen, mit welcher Gewissenhaftigkeit und Präzision Wolfgang seinem Hobby nachging. Völlig zu Recht erhielt er dafür das Bundesverdienstkreuz. Auch heute noch werden dieses Publikationen von vielen Mykologen gerne als Standardwerk verwendet.

Nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1999 und anschließenden Umzug in ein Heim für betreutes Wohnen wurde er von einer Augenkrankheit heimgesucht, durch die er den größten Teil seines Augenlichtes verlor. Trotz nur noch 10 Prozent Sehstärke interessierte er sich auch weiterhin für alles, was mit Pilzen zu tun hatte. Mit einem speziellen Lesegerät „verschlang“ er jede neue Ausgabe der Zeitschrift für Mykologie Buchstabe für Buchstabe. Ein mühsames Unterfangen, bei dem oft Wochen vergingen.

Bis kurz vor seinem Tod lebte er völlig selbstständig in seiner Wohnung, stets seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Pfeifenrauchen, nachgehend.

Mit Wolfgang Beyer verlieren wir einen bescheidenen, lebenslustigen Mykologen, der immer bereit war, sein umfangreiches Wissen ohne Wenn und Aber an andere weiter zu geben.

Gerhard Wölfel

Bilder

Wolfgang Beyer beim Pfeiferauchen

Wolfgang Beyer beim Pfeiferauchen

Der wissenschaftliche Name des Trockenrasen-Rötlings, Entoloma beyeri, ehrt den 2014 verstorbenen Mykologen Wolfgang Beyer.

Der wissenschaftliche Name des Trockenrasen-Rötlings, Entoloma beyeri, ehrt den 2014 verstorbenen Mykologen Wolfgang Beyer. | Bild: Gerhard Wölfel

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