Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat die Gewöhnliche Stinkmorchel zum „Pilz des Jahres 2020“ ernannt. Der Pilz lockt durch seinen Aasgeruch vor allem Fliegen an, die sich an der zuckerhaltigen Sporenmasse laben. Später verbreiten sie die Sporen über ihre Ausscheidungen in der Umgebung. Die DGfM will so auf die Zusammenhänge beim Insektensterben hinweisen.

 

Bad Blankenburg, 13. Oktober 2019 — Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat während der gemeinsamen Tagung des Boletus e.V. und der Thüringer Arbeitsgemeinschaft Mykologie e.V. (ThAM) die Gewöhnliche Stinkmorchel als „Pilz des Jahres 2020“ vorgestellt. Die bis zu 20 cm langen und 4,5 cm breiten Fruchtkörper (Frk.) erstrecken sich binnen weniger Stunden aus einem eiförmigen bis kugeligen Hexenei, meist am späten Abend oder frühen Morgen. Rekordverdächtig: Sie wachsen bis zu zwei Millimeter pro Minute.


Fliegen verbreiten Pilzsporen

Ausgewachsen verschleimt die dunkelolive Sporenmasse an der Spitze und riecht nach Aas. Der Geruch ist derart intensiv, dass vor Jahren ein Waldbesitzer bei Dresden nach einem Kleidungsfund die Polizei alarmierte und einen Einsatz mit Leichenspürhunden auslöste. Dabei lockt die Stinkmorchel vor allem Fliegen an. Diese nehmen den zuckerhaltigen Schleim auf und verteilen die Sporen über ihren ausgeschiedenen Kot im Umfeld – eine raffinierte Verbreitungsstrategie des Pilzes.
 

Phallusform erregt Aufsehen

Neben dem Aasgeruch sind vor allem die einem männlichen Begattungsorgan ähnelnden Fruchtkörper auffällig. Daher rührt auch der lateinische Name „Phallus impudicus“, übersetzt „unzüchtiger Penis“. Das Aussehen der Stinkmorchel hat ihr schon früh etwas Anrüchiges anhaften lassen.
 Charles Darwins Tochter Henrietta, die Tochter des Begründers der modernen Evolutionsbiologie, soll den obszönen Pilz sogar wegen der Sittlichkeit der Mädchen allerorten entfernt und heimlich hinter verschlossenen Türen verbrannt haben.
 

Jung als Hexenei essbar

Dabei hätte die Stinkmorchel im jugendlichen Stadium den Speiseplan bereichern können: Hexeneier lassen sich geschält und von der Gallertschicht befreit wie Bratkartoffeln zubereiten. Der weiße Kern des Hexeneis erinnert geschmacklich an Rettich oder Kohlrabi und gilt bei manchen Sammler/innen als Delikatesse. Der markante Aasgeruch entwickelt sich erst bei ausgewachsenen Exemplaren.
 

Ökologische Bedeutung

Die Gewöhnliche Stinkmorchel steht beispielhaft für die gegenseitigen Abhängigkeiten aller Lebewesen. Ihre Fruchtkörper sind für Fliegen, Käfer und Schnecken Nahrung, Kinderstube und Jagdrevier.
 Die DGfM will mit dem Pilz des Jahres 2020 auf die Zusammenhänge beim Insektensterben aufmerksam machen.

 

Pressefotos

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Die flüssige, zuckerhaltige Sporenmasse auf der Spitze der Stinkmorchel wird von Fliegen aufgenommen. (Foto: Dr. Matthias Theiß / DGfM)

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Aus den Hexeneiern erstrecken sich bald frische Stinkmorcheln. Ältere und völlig weiße Exemplare werden als „Leichenfinger“ bezeichnet. (Foto: Peter Karasch / DGfM)

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Über die Deutsche Gesellschaft für Mykologie

Gegründet 1921, vertritt die gemeinnützige DGfM die Interessen von Pilzfreundinnen/Pilzfreunden und Mykologinnen/Mykologen in ganz Deutschland. Sie definiert die Qualifikationen zum PilzCoach, zur/zum Pilzsachverständigen und universitätsgeprüften Fachberater/in für Mykologie. Aktuell wird eine mehrstufige Qualifizierung in der Feldmykologie etabliert. Die DGfM gibt die „Zeitschrift für Mykologie“ sowie das englischsprachige Journal „Mycological Progress“ heraus. Sie veranstaltet Fachtagungen und vergibt Förderpreise. Seit 1994 kürt die DGfM alljährlich den „Pilz des Jahres“. Als nichtstaatliche Organisation setzt sie sich für den Arten- und Biotopschutz von Pilzen ein. Sie koordiniert die bundesweite Pilzkartierung und veröffentlicht auf www.pilze-deutschland.de Fotos und Verbreitungskarten.

Bilder

Die flüssige, zuckerhaltige Sporenmasse auf der Spitze der Stinkmorchel wird von Fliegen aufgenommen.

Die flüssige, zuckerhaltige Sporenmasse auf der Spitze der Stinkmorchel wird von Fliegen aufgenommen. | Bild: Dr. Matthias Theiß

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