Der Oscar-Brefeld-Preis 2018 wurde während der Internationalen DGfM-Tagung in Möhnesee (NRW) an Julia Kruse für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Brandpilze (Ustilaginales) verliehen.

 

Laudatio von Prof. Dr. Marco Thines

Frau Julia Kruse hat mit den sechs in ihrer Dissertationsschrift „The phylogeny of smut fungi (Ustilaginomycotina)“ einbezogenen Arbeiten eine wichtige Grundlage für die Bearbeitung verschiedener Gruppen der Brandpilze gelegt, und setzt mit Ihren Arbeiten einen neuen Standard für die zukünftige Bearbeitung. Für die umfassende Bearbeitung verschiedener Brandpilzgruppen hat sie eigens neue Genorte für die phylogenetische Nutzung entwickelt. Die sechs Artikel, die alle in qualitativ hochwertigen, international begutachteten Fachzeitschriften erschienen sind, stellen dabei einen dreimal vollzogenen Doppelschritt dar – die Erarbeitung neuer Arbeitsmittel, in diesem Fall die Entwicklung neuer Primer und die anschließende, beispielhafte Nutzung derselben (im Falle der Arbeit zu Entyloma im Rahmen einer einzigen Publikation). Besonders hervorzuheben sind dabei die drei Bearbeitungen einzelner Untergruppen der Brandpilze, die in führenden Fachzeitschriften im Bereich der Mykologie veröffentlicht wurden. Zwei der Artikel sind in IMA Fungus erschienen (JCI Impact Factor 4,3), einer in Persoonia (JCI Impact Factor 8,1). Über diese schon beindruckende Publikationstätigkeit hinaus hat Frau Kruse an acht weiteren Artikeln mitgewirkt, die in international begutachteten Fachzeitschriften erschienen sind, die aber hier nicht explizit angeführt werden. Des Weiteren hat Frau Kruse auch zahlreiche Artikel in deutschsprachigen, begutachteten Fachzeitschriften und populärwissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht, seit Beginn ihrer Publikationstätigkeit insgesamt 28. Zudem erscheint im Oktober dieses Jahres auch ihr erstes Fachbuch, ein über 400 Seiten starkes Lehr- und Bestimmungsbuch, dass sich insbesondere an Anfänger und fortgeschrittene Phytopathologen richtet. Es handelt sich bei Frau Kruse somit um eine ausgesprochen produktive und kreative Wissenschaftlerin, die national und zunehmend auch international Ansehen als Spezialistin für phytoparasitische Kleinpilze genießt.

Als besonders herausragend sind zwei der sechs Publikationen anzusehen, eine zu Streifenbränden der Gattung Ustilago und eine weitere zu Entyloma auf Ranunculus. Streifenbrände stellen in der Gattung Ustilago eine polyphyletische Gruppe dar, deren größte monophyletische Untergruppe sehr nah verwandte Arten auf verschiedenen Gräsern umfasst. Diese konnten mit bisherigen Methoden phylogenetisch nicht differenziert werden und konnten erst durch die von Frau Kruse neu entwickelten Genorte aufgeschlüsselt werden. Es folgt eine konsequente Überarbeitung der Gruppe und die Beschreibung mehrerer neuer Arten. Diese Arbeit stellt einen wesentlichen Fortschritt für das Verständnis der Artgrenzen und Evolution der Brandpilze dar. Auch die Publikation zu Entyloma auf Ranunculus baut auf eigenen Vorarbeiten auf, zudem werden einige Genorte für die Bearbeitung der Exobasidiomycetes, einer großen Untergruppe der Brandpilze im weiteren Sinne (Ustilagnomycotina), entwickelt. Im Rahmen des Mauskriptes werden die Arten der Gattung Entyloma auf Vertretern der Gattung Ranunculus (inklusive nah verwandter Gattungen) untersucht und Belege für eine hohe Wirtsspezifität der Arten diese Gruppe gefunden. Es folgt eine eingehende morphologische und molekularbiologische Charakterisierung, in deren Folge mehrere neue Arten in dieser Gruppe beschrieben werden. Die Arbeit setzt einen sehr hohen Standard für die weitere Bearbeitung der artenreichen Gattung Entyloma.

In der Zusammenschau ist Frau Kruse mit den sechs in einem Zusammenhang stehenden Publikationen ein großartiges Werk gelungen, das die systematische Erforschung der Evolution und Phylogenie der Brandpilze entscheidend voranbringt. Alle Bearbeitungen sind auf höchstem wissenschaftlichem Niveau und zeugen von der hohen Auffassungsgabe, dem sehr großen Hintergrundwissen und der Leidenschaft, mit der Frau Kruse die Systematik der Brandpilze bearbeitet. Schon heute genießt Frau Kruse eine sehr gute Reputation in Deutschland und ist zunehmend auch international als Expertin für pflanzenparasitische Kleinpilze, insbesondere der Brandpilze, geschätzt. Hervorzuheben ist auch, dass Frau Kruse sowohl im Freiland als auch im Labor exzellente Arbeit leistet, eine Kombination, die leider nur selten vorhanden, aber für die eingehende Bearbeitung von obligat biotrophen Pathogenen unerlässlich ist. Frau Kruse gehört mit Sicherheit zu den besten 5 % der Promovierenden, sowohl was die Quantität als auch was die Qualität ihrer Forschungsergebnisse anbelangt. Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass sie sich bei konsequenter Weiterverfolgung ihrer wissenschaftlichen Ziele als unabhängige und erfolgreiche Wissenschaftlerin wird etablieren können.

 

Veröffentlicht in den DGfM-Mitteilungen 2019/2

Bilder

Julia Kruse auf einer Wanderung durch den Lamington National Park in Australien

Julia Kruse auf einer Wanderung durch den Lamington National Park in Australien | Bild: M. D. E. Shivas

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