Pilz des Jahres
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Erfahren Sie, weshalb die Deutsche Gesellschaft für Mykologie 1994 den „Pilz des Jahres“ begründete und welche Arten seither auserkoren wurden, um Pilze als elementare Lebewesen unserer Ökosysteme zu beleuchten.
Seit 1994 wählt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie alljährlich den „Pilz des Jahres“. Die präsentierte Art soll stellvertretend für alle Pilze den Blick der Öffentlichkeit auf die wichtige Bedeutung der Pilze für unser Ökosystem richten.
Der Sumpf-Haubenpilz (Mitrula paludosa) ist ein kleiner Schlauchpilz (Ascomycet), der in sauberen Gewässern gefunden werden kann. Er gehört zur formenreichen Gruppe der erdzungenartigen Pilze und zeichnet sich besonders durch seine ökologische Spezialisierung aus. Seine Lebensräume sind pfützenreiche Sümpfe und sumpfige Stellen schwach fließender Bäche und Quellgebiete.
Der nahezu weltweit verbreite Fliegenpilz (Amanita muscaria) zählt zu den häufigsten Pilzarten Deutschlands. Er gilt als Glückssymbol, ist Gegenstand zahlreicher Mythen und kultiger Handlungen und der bekannteste Giftpilz schlechthin, den selbst kleine Kinder erkennen. Durch seine auffällige Gestalt, Größe und Farbe ist ihm ein Platz unter den schönsten Pilzen unseres Planeten sicher.
Der Grünling oder Echte Ritterling (Tricholoma equestre) gilt als Charakterart sandiger Kiefernwälder. Als ergiebiger, schmackhafter Speisepilz wurde er früher auf Märkten gehandelt. Heute gilt er als Giftpilz, weil er nach dem Verzehr mehrere Todesfälle verursachte. Inzwischen sind die Bestände in vielen Teilen Deutschlands rückläufig, sodass sich der Grünling als Marktpilz kaum noch lohnen würde.
Die Gewöhnliche Stinkmorchel (Phallus impudicus) wächst aus einem eiförmigen bis kugeligen Hexenei. Bei Reife beginnt sie nach Aas zu stinken, was u. a. Insekten anlockt. Die zuckerhaltige Sporenmasse an der Spitze verflüssigt sich und wird vor allem von Fliegen verspeist. Raffiniert: Die kleinen Tiere verteilen die Sporen des Pilzes durch ihre Ausscheidungen in der Umgebung.
Die meisten tödlichen Pilzvergiftungen in Mitteleuropa gehen auf den Grünen Knollenblätterpilz zurück. Schon der Verzehr von 50 Gramm eines Pilzfruchtkörpers kann tödlich enden. Denn die darin enthaltenen lebergiftigen Amatoxine verursachen ohne medizinische Versorgung ein mehrfaches Organversagen.
Mit dem Wiesen-Champignon stellt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie den wild wachsenden Verwandten des Zucht-Champignons als „Pilz des Jahres 2018“ vor. Der weit verbreitete Wiesen-Pilz verliert leider durch die intensive Grünlandnutzung mit immensen Stickstoffüberschüssen in Deutschland viele seiner Lebensräume.
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat das Judasohr zum „Pilz des Jahres 2017“ gewählt. Der Speisepilz hat die Form einer Ohrmuschel und ist auch für unerfahrene Pilzsammler leicht zu bestimmen. Da der Fruchtkörper mehrfach komplett austrocknen und wieder aufquellen kann, regt das Judasohr dazu an, sich mit der Ökologie der Pilze zu beschäftigen.
Mit dem Lilastiel-Rötelritterling stellt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie einen „Pilz des Jahres“ vor, für dessen Erhalt Deutschland eine besondere Verantwortung trägt. Der attraktive Pilz kommt verbreitet vor, hat aber durch die fortschreitende Grünlandintensivierung schon viele seiner Lebensräume verloren.
Licht und Schatten der Klimapolitik: Die zunehmende Nutzung von abgestorbenem Holz aus den Wäldern zum Heizen schont die Vorräte an fossilen Brennstoffen, aber sie reduziert den natürlichen Lebensraum für viele wichtige und auch seltene Organismen. Um auf dieses Dilemma hinzuweisen, hat die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) die Becherkoralle zum „Pilz des Jahres 2015“ gewählt.
Die DGfM möchte mit der Wahl des Tiegelteuerlings zum „Pilz des Jahres 2014“ auf die große Bedeutung der Pilze in den natürlichen Stoffkreisläufen aufmerksam machen. Es sind in erster Linie die oft im Verborgenen wirkenden Fadenwesen, die mit ihren Enzymen abgestorbene, organische Stoffe wie Holz, Blätter oder Nadeln remineralisieren und somit wieder für die Pflanzenwelt verfügbar machen. Ohne diese Ökosystemleistung der Pilze würde in kürzester Zeit die gesamte Nahrungskette zusammenbrechen.
Der Braungrüne Zärtling kann in vielen Bereichen Deutschlands, Europas und darüber hinaus entdeckt werden. Neben seinen prächtigen Farben hat er auch einen sehr markanten Geruch nach verbranntem Horn oder Mäusekot, den seine Finder noch lange im Gedächtnis behalten. Als Lebensräume sind basenreiche, aber stickstoffarme Magerwiesen bekannt, die in unserer durch intensive Landwirtschaft überdüngten Landschaft leider stark beeinträchtigt sind. Der EU-geförderte Energiepflanzenanbau gefährdet auf diese Weise noch die letzten Lebensräume von Tausenden Pflanzen-, Pilz- und Tierarten.
Ein unscheinbarer Geselle ist der Graue Leistling. Mit seinen graubraunen Tarnfarben ist er schwer im Herbstlaub auszumachen. Es sei denn, er wächst zwischen gelb verfärbten Hainbuchenblättern, wie auf unserem wunderschönen Bild des Pilzfotografen und Hobby-Mykologen Marco Gebert. Mit seinem trichterförmigen Hut, den grauen Leisten auf der Hutunterseite und dem braunen Stiel ähnelt er dem Trompeten-Pfifferling. Der Fachmann erkennt schon anhand des lateinischen Namens „Cantharellus cinereus“, dass der Graue Leistling tatsächlich mit dem Pfifferling verwandt ist.
Mit seinem geradezu außerirdischen Aussehen gehört der Rote Gitterling zu denjenigen Pilzen, die nicht zu übersehen sind. Seine fleischrote Gitterkugel schiebt sich etwa Tennisball groß aus einer schmutzig eierschalenfarbigen Hülle, dem Hexenei. Der Gitterkugel entströmt nach ihrer Entfaltung ein aasartiger Geruch, der Fliegen anlockt. Diese Kreatur sieht eher aus wie ein Alien aus einem Science-Fiction-Horrorfilm. Ist das überhaupt ein Pilz? Wenn ja, warum sieht er so aus und warum stinkt er so bestialisch? Ist er giftig oder sogar gefährlich? Lockt er die Fliegen an, um sie zu fressen wie eine fleischfressende Pflanze? Die Phantasie projiziert in uns bei der Betrachtung des Roten Gitterlings Angst und Ekel, aber auch Interesse und Bewunderung.
Die Schleiereule ist eine leicht kenntliche Art aus der in Mitteleuropa mit weit über 700 Arten vertretenen Gattung der Schleierlinge. Sie ist in weiten Gebieten Deutschlands recht selten und fehlt in Norddeutschland völlig. Mit über 20 cm Hutbreite ist die Schleiereule nicht nur die größte Art der Gattung; sie ist auch sehr wohlschmeckend und in der Schweiz und in Frankreich ein beliebter Marktpilz. Schwermetallbelastung der Fruchtkörper und die Möglichkeit der Verwechslung mit anderen hochgiftigen Schleierlingsarten lassen die Schleiereule jedoch in einem zweifelhaften Licht erscheinen. Vom Sammeln zu Speisezwecken ist deshalb dringend abzuraten.
Krustenförmig wachsende Pilze aus der künstlichen Sammelfamilie der Corticiaceae sind nicht jedermanns Sache. Ihre Bestimmung kann in den allermeisten Fällen nur mikroskopisch bewerkstelligt werden. Zudem sind Corticiaceae oft recht unscheinbar und von ihrem Aussehen her unattraktiv. Den Blauen Rindenpilz kann man jedoch schon aufgrund seiner wunderschönen indigofarbenen Fruchtkörper einfach nicht übersehen. Der Altmeister unter den Corticiologen, der Schwede John Eriksson, sagt vom Blauen Rindenpilz: „Es ist die Corticiacee, die am einfachsten zu erkennen ist“.
Der Bronzeröhrling, auch Schwarzhütiger Steinpilz genannt, ist ein stattlicher Pilz aus der Verwandtschaft der Steinpilze. Mit ihm soll auf eine seltene und damit in ihrem Bestand gefährdete Pilzart aufmerksam gemacht werden. Der Gewöhnliche Steinpilz (Boletus edulis) ist bei entsprechender Witterung in unseren Wäldern leicht zu finden, und er ist das Objekt der Begierde jedes Pilzsammlers. Einen Bronzeröhrling zu entdecken, ist hingegen eine echte Glückssache. Er gehört zu den schönsten Überraschungen, die ein Pilzfreund auf seinen Streifzügen durch unsere Wälder erleben kann.
Orangegelb leuchtet ein keulenförmiger Pilz im Grün der Wiese. Nur wenige Zentimeter ist er groß, fast hätten wir ihn übersehen. Ist es eine Keule der Familie Clavariaceae, also ein Ständerpilz (Basidiomycota)? Nein, das kann nicht sein, denn wir sehen die Öffnungen von dicht unter der Oberfläche liegenden Kammern (Perithecien), die angefüllt sind mit mikroskopisch kleinen Sporenschläuchen (Asci). Es handelt sich also um einen Schlauchpilz (Ascomycota). Vielleicht ist es ein Holzkeulenpilz? Holzkeulenpilze (Xylariales, Ascomycota) sind jedoch normalerweise schwarz und, wie ihr Name schon sagt, sie leben auf Holz. Vielleicht wächst unser Pilz auf im Boden vergrabenem Holz? Wir schauen nach. Mehr oder weniger gut erkennbar finden wir an der Basis des Stiels im Boden verborgen eine tote, durch Fäden des Pilzes mumifizierte Schmetterlingspuppe. Wir haben es mit einem parasitischen Pilz zu tun, der als kleine, Pilzfäden bildende Spore in lebende Insekten eindringt, die Tiere abtötet und die Kraftstoffe des Insektenkörpers für die Entwicklung keulenförmiger Fruchtkörper nutzt. Es handelt sich um die Puppenkernkeule (Cordyceps militaris).
Wer das Glück hat, ihn zu finden, bleibt erstaunt stehen und überlegt: Wie kommen diese Korallen bloß hierher, in diesen deutschen Buchenwald? Bizarr geformt, unendlich verzweigt und blendend weiß – so wie sie sonst nur in einem Südseeatoll anzutreffen sind; hier thronen sie aber auf einem alten, dicken, halb vermoderten Buchenstamm? Es ist ein Pilz!
Oftmals erreicht er mehr als 20 cm im Durchmesser, er entspringt einem dicken Strunk, verzweigt sich in immer feinere Äste, an denen sich seine Sporen bilden. Jedes kleine Ästchen bildet Hunderte davon. Sie sind es, die wiederum an alten Buchen auskeimen, ein feines Geflecht, ihr Myzel, im Holz bilden und den Stamm vermorschen lassen.
Eine zuverlässige Wettervorhersage ist ein alter Menschheitstraum. Jahrhunderte lang vertraute man auf den bekannten „Wetterfrosch“ im Glas, auf Fichtenzapfen, die ihre Schuppen spreizen, auf hoch oder tief fliegende Schwalben – und auf einen sternförmigen Pilz, dem man den ehrenvollen Namen Wetterstern verlieh.
Der Wetterstern wächst zunächst als unterirdische Kugel mit einer zweischichtigen Hülle heran, die sich – kaum aus dem Boden lugend - in eine äußere und eine innere Schicht aufspaltet. Das sternförmige Aufreißen reifer Fruchtkörper wird von der Luftfeuchtigkeit gesteuert: Bei feuchter Witterung löst sich die äußere Schicht von der inneren, reißt sternförmig auf und hebt den eigentlichen Sporenbehälter, eine dünnhäutige Kugel mit kleiner, zentraler Öffnung, empor. Trockene Luft kehrt den Vorgang um: Die „Arme“ des Wettersterns schließen sich wieder um den Sporenbehälter.
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