Die „Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands“ umfasst mehr als 6.000 im Bestand bedrohte Großpilze. Sie basiert auf den über 2,5 Millionen Funddaten der überwiegend ehrenamtlichen DGfM-Mitglieder. Die Rote Liste dient Gesetzgebern und Behörden als Entscheidungsgrundlage für den Arten-, Natur- und Umweltschutz.

Anfang 2017 hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) die Rote Liste der Großpilze veröffentlicht. (DÄMMRICH et al. 2016) Mit dieser Publikation wird erstmals eine – wenn auch noch vorläufige – Gesamtartenliste der Ständer- und Schlauchpilze (Basidiomycota und Ascomycota) Deutschlands vorgelegt:

Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Bd. 8: Pilze (Teil 1) - Großpilze. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70/8, Landwirtschaftsverlag, 444 Seiten. (ISBN 978-3-7843-5454-5)
 

Überblick

Die zweiteilige Gesamtartenliste enthält insgesamt 9.259 Pilztaxa (5.100 Ständerpilz- und 4.159 Schlauchpilztaxa). Von ihnen werden ausschließlich „Großpilze“ (5.044 Ständerpilz- und 1.118 Schlauchpilztaxa, also zusammen 6.162 Taxa, inkl. Neomyzeten) bewertet. Mit dem Begriff Großpilze sind im Allgemeinen Pilze gemeint, deren Fruchtkörper ohne optische Hilfsmittel im Gelände gut erkennbar sind. Dies ist abhängig von Färbung und Pilzstruktur in der Regel bei einer Größe von 1–5 mm der Fall.

Aus der Bearbeitung ausgeschlossen wurden Pilze, die ausschließlich Nebenfruchtformen bilden oder die in separaten Roten Listen behandelt werden sollen, wie die phytoparasitischen Kleinpilze, oder bereits wurden, wie die flechtenbildenden bzw. -bewohnenden Pilze und die Myxomyceten. (SCHNITTLER et al. 2011, WIRTH et al. 2011).

Datenbasis

Grundlage der Roten Liste sind hauptsächlich die über 2,5 Millionen Funddaten, die von vielen meist ehrenamtlichen Mitarbeitern vor allem der Deutschen Gesellschaft für Mykologie über Jahrzehnte zusammengetragen wurden und mittlerweile im Portal der Pilze Deutschlands einsehbar sind.

Gefährdung und Trends

Für eine Gefährdungsbeurteilung ist ausschlaggebend, in wie vielen der 3007 Topographischen Karten 1:25.000 (TK25) Deutschlands der Pilz nachgewiesen ist (Rasterkartierung), ob er in den letzten 150 Jahren einen Rückgang zu verzeichnen hat („langfristiger Trend“) und ob die Bestände in den letzten 25 Jahren abnehmen („kurzfristiger Trend“) (LUDWIG et al. 2009).

Experten- und Datenmangel

Die Bestimmung von Trends ist bei nur wenigen Fundnachweisen einer Art nicht durchführbar, außerdem ist die exakte Bestimmung vieler Taxa aus artenreichen Gattungen (z. B. Cortinarius, Entoloma, Inocybe oder Russula) nur wenigen Experten möglich. Daraus resultiert eine hohe Zahl von Einstufungen in die Kategorie „D“ (Daten unzureichend). Dies betrifft im Schnitt ca. 50 % aller bewerteten Großpilze. Gut 13 % aller Großpilze sind bestandsgefährdet, weitere 12 % extrem selten.

Verantwortungsarten

Etwa 50 Arten sind erst in den letzten 500 Jahren nach Deutschland eingeschleppte Neomyzeten und knapp 100 Taxa sind als Verantwortungsarten klassifiziert worden. Für sie besteht in Deutschland eine besondere Verantwortung für ihren Schutz, da ein Großteil ihres Verbreitungsareals hier liegt.

Die Rote Liste kann direkt beim Verlag oder im Buchhandel bezogen werden.

Literatur

  • DÄMMRICH F, LOTZ-WINTER H, SCHMIDT M, PÄTZOLD W [†], OTTO P, SCHMITT JA, SCHOLLER M, SCHURIG B, WINTERHOFF W, GMINDER A, HARDTKE HJ, HIRSCH G, KARASCH P, LÜDERITZ M, SCHMIDT-STOHN G, SIEPE K, TÄGLICH U, WÖLDECKE K [†] (2016) Rote Liste der Großpilze und vorläufige Gesamtartenliste der Ständer- und Schlauchpilze (Basidiomycota und Ascomycota) Deutschlands mit Ausnahme der Flechten und der phytoparasitischen Kleinpilze. In: MATZKE-HAJEK G, HOFBAUER N, LUDWIG G (Red.) Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Bd. 8: Pilze (Teil 1) – Großpilze. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(8), Landwirtschaftsverlag Münster, 444 S.
  • LUDWIG G, HAUPT H, GRUTTKE H, BINOT-HAFKE M (2009) Methodik der Gefährdungsanalyse für Rote Listen. In HAUPT H, LUDWIG G, GRUTTKE H, BINOT-HAFKE M, OTTO C, PAULY A (Red.) Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 1: Wirbeltiere. Landwirtschaftsverlag Münster. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(1):23-71.
  • SCHNITTLER M, KUMMER V, KUHNT A, KRIEGLSTEINER L, FLATAU L, MÜLLER H, TÄGLICH U (2011) Rote Liste und Gesamtartenliste der Schleimpilze (Myxomycetes) Deutschlands. In LUDWIG G & MATZKE-HAJEK G (Red.) Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 6: Pilze (Teil 2). Flechten und Myxomyzeten. Landwirtschaftsverlag Münster. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(6):7-122.
  • WIRTH V, HAUCK M, VON BRACKEL W, CEZANNE R, DE BRUYN U, DÜRHAMMER O, EICHLER M, GNÜCHTEL A, JOHN V, LITTERSKI B, OTTE V, SCHIEFELBEIN U, SCHOLZ P, SCHULTZ M, STORDEUR R, FEUERER T, HEINRICH D (2011) Rote Liste und Artenverzeichnis der Flechten und flechtenbewohnenden Pilze Deutschlands. In LUDWIG G. & MATZKE-HAJEK G (Red.) Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 6: Pilze (Teil 2). Flechten und Myxomyzeten. Landwirtschaftsverlag Münster. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(6):7-122.

Bilder

Titelbild: Rote Liste gefährdeter Pflanzen, Tiere und Pilze Deutschlands. Band 8: Pilze (Teil 1) – Großpilze

Titelbild: Rote Liste gefährdeter Pflanzen, Tiere und Pilze Deutschlands. Band 8: Pilze (Teil 1) – Großpilze | Bild: Bundesamt für Naturschutz (BfN)

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