Pilze dienen vielen Tieren als Nahrung, darunter auch verschiedenen Käfern. Zuckerrohr-Ambrosiakäfer gehen noch weiter als die meisten Käferarten: Sie züchten Pilze gezielt und pflegen sie gemeinschaftlich. Darüber hinaus konnten die Forscher in den Bohrgängen von Xyleborus affinis fünf Pilzarten nachgewiesen werden.

Schon vor rund 23.000 Jahren haben Menschen offenbar erstmals Getreide gesät. Der gezielte Anbau von Pflanzen begann wahrscheinlich vor circa 12.000 Jahren. Einige Insekten sind uns weit voraus, sie kultivieren wohl bereits seit mehreren Millionen Jahren Pilze als Nahrung. Bislang ist dieses Verhalten von Termiten, Blattschneiderameisen sowie Ambrosiakäfern bekannt. Weil die Käfer ein sehr verborgenes Leben führen, war über ihre Symbiose mit Pilzen nur wenig bekannt. Jüngst hat der Biologe Prof. Peter Biedermann von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg solche „Landwirtschaft“ bei einer Käferart genauer untersucht.
 

Ökologie und Verbreitung

Der nur circa 2 mm große Zuckerrohr-Ambrosiakäfer (Xyleborus affinis) ist weltweit in warmen Regionen verbreitet, wobei der Schwerpunkt auf tropisch-feuchten Gegenden liegt. Er gehört zur Familie der Rüsselkäfer (Curculionidae) und wird darin zur Unterfamilie der Borkenkäfer (Scolytinae) gezählt. Typisch für viele Borkenkäfer ist es, unter der Borke oder im Holz von Bäumen Bohrgänge zu fressen und darin zu leben sowie sich dort fortzupflanzen. Dabei dient ihnen mehrheitlich das Pflanzenmaterial als Nahrung. Doch der Zuckerrohr-Ambrosiakäfer hat Geschmack an Pilzen gefunden und tut einiges dafür, sie regelmäßig fressen zu können.
 

Fraßtunnel und Pilzanbau

Zunächst bauen die Käfer ihre Tunnel und Nistplätze. Letztere sind kleine Kammern, in denen die Eier abgelegt werden. Außerdem bringen die Käfer Pilzsporen in die Tunnel ein und „säen“ sie auf dem Holz aus. Die sich daraus entwickelnden Pilze pflegen sie, um sie davor zu schützen, von anderen Pilzen überwuchert zu werden. Geschähe dies, wäre den Käfern und ihrem Nachwuchs die Nahrungsgrundlage entzogen.

Für einzelne Käferindividuen wäre es zu aufwendig, den Pilzgarten zu pflegen. Diese Arbeiten werden gemeinschaftlich erledigt, denn im Unterschied zu den meisten anderen Käferarten leben Ambrosiakäfer nicht einzelgängerisch. Bei ihnen haben sich im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte komplexe Sozialsysteme entwickelt, die mit denen der Bienen und anderer sozial lebender Insekten vergleichbar sind. „Das ist einzigartig bei Käfern“, betont Peter Biedermann.
 

Konvergente Evolution und Pilzarten

Der Anbau von Pilzen zu Nahrungszwecken durch Insekten hat sich mehrmals entwickelt: einmal bei den Blattschneiderameisen, einmal bei den Termiten und mehrere Male bei den Ambrosiakäfern. Es gibt bei ihnen nicht die eine Art der Symbiose mit den angebauten Pilzen, sondern mehrere. In den Tunneln der Zuckerrohr-Ambrosiakäfer wurden fünf unterschiedliche Pilze gefunden. Eine Raffaelea-Spezies dominierte gemeinsam mit einem bislang nicht identifizierten Pilz. Diese beiden Arten scheinen die hauptsächliche Nahrung der erwachsenen Käfer sowie der Larven zu sein. Ebenfalls nachgewiesen wurden eine Mucor-, eine Fusarium- und eine Phaeoacremonium-Art. Auf kranken Käfern wurden Spezies der Gattungen Mucor, Fusarium und Raffaelea nachgewiesen.

 

Literatur

Bilder

Ein Weibchen (links) des Zuckerrohr-Ambrosiakäfers frisst an der mit Nahrungspilzen bewachsenen Tunnelwand eines künstlichen Nests.

Ein Weibchen (links) des Zuckerrohr-Ambrosiakäfers frisst an der mit Nahrungspilzen bewachsenen Tunnelwand eines künstlichen Nests. | Bild: Peter Biedermann / Universität Würzburg

Ein weiblicher Zuckerrohr-Ambrosiakäfer (Xyleborus affinis) wird ca. 2 Millimeter groß.

Ein weiblicher Zuckerrohr-Ambrosiakäfer (Xyleborus affinis) wird ca. 2 Millimeter groß. | Bild: Peter Biedermann / Universität Würzburg

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