Wetterstern
Astraeus hygrometricus (Pers.) Morgan 1889

Eine zuverlässige Wettervorhersage ist ein alter Menschheitstraum. Jahrhunderte lang vertraute man auf den bekannten „Wetterfrosch“ im Glas, auf Fichtenzapfen, die ihre Schuppen spreizen, auf hoch oder tief fliegende Schwalben – und auf einen sternförmigen Pilz, dem man den ehrenvollen Namen Wetterstern verlieh.
Der Wetterstern wächst zunächst als unterirdische Kugel mit einer zweischichtigen Hülle heran, die sich – kaum aus dem Boden lugend - in eine äußere und eine innere Schicht aufspaltet. Das sternförmige Aufreißen reifer Fruchtkörper wird von der Luftfeuchtigkeit gesteuert: Bei feuchter Witterung löst sich die äußere Schicht von der inneren, reißt sternförmig auf und hebt den eigentlichen Sporenbehälter, eine dünnhäutige Kugel mit kleiner, zentraler Öffnung, empor. Trockene Luft kehrt den Vorgang um: Die „Arme“ des Wettersterns schließen sich wieder um den Sporenbehälter.

Trifft bei feuchtem Wetter ein großer Regentropfen oder ein herabfallender Zweig auf den freigelegten Sporenbehälter, werden die Sporen, ähnlich wie bei den Bovisten und Stäublingen, wie mit einem Blasebalg durch die kleine, runde Öffnung gepustet. An getrockneten und wieder angefeuchteten Fruchtkörpern lässt sich diese „hygroskopische“ Bewegung über viele Jahre hinweg nachvollziehen.

Es fällt nicht immer leicht, einen gespreizten Wetterstern von seinen Doppelgängern aus der artenreichen Gattung der Erdsterne (Geastrum sp.) zu unterscheiden. Neben der einzigartigen „wetterfühligen“ Reaktion ist vor allem das leopardenfellartige Muster der Sternzacken charakteristisch. Dabei sind die Erdsterne trotz ihrer Ähnlichkeit nur entfernt mit dem Wetterstern verwandt, gehören sie doch in die genetische Verwandtschaft der Echten Korallen, während Astraeus hygrometricus es eher mit dem Steinpilz hält: Dieser und fast alle anderen Röhrlinge gehören zur gleichen Großfamilie. Untersuchungen der Pilzfarbstoffe, Besonderheiten des Pilzmyzels im Boden und jüngst auch genetische Forschungen trugen zu dieser auch für viele Fachleute überraschenden Erkenntnis bei.

Als Mykorrhizapilz lebt der eigentümliche Pilz in Symbiose mit den Wurzeln von Waldbäumen – besonders diverser Kiefernarten – und ist dem entsprechend ein wertvoller Bestandteil des Ökosystems Wald auf trockeneren, meist sandigen oder aus Granitgrus aufgebauten, bodensauren Standorten.
Der Wetterstern ist weltweit verbreitet, kommt in Südeuropa vielerorts massenhaft vor, nimmt aber nach Norden zu ab. In der Südhälfte Deutschlands scheint er auf kalkarmen Böden nicht selten zu sein. Auch in Norddeutschland kommt er noch an vielen Orten vor. Allgemein ließ sich in den letzten 25 Jahren allerdings ein Rückgang der Bestände feststellen. In sauren Kiefernbeständen und an Sonderstandorten wie wieder aufgeforsteten Abraumhalden und Weinbergen, ja sogar an Bahndämmen sind mitunter zeitlich begrenzte Massenvorkommen zu beobachten.

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Wetterstern zum „Pilz des Jahres 2005“ gewählt, um auf einige der bizarrsten Gestalten im Pilzreich hinzuweisen, die im Laufe der Evolution sowohl in der Verwandtschaft der Korallenpilze als auch in jener der Steinpilze entstanden sind. Seine frühere Bedeutung als „Wetterprophet“ hat Astraeus hygrometricus freilich längst verloren. Im Zeitalter der Satellitenprognosen erinnert daran nur noch der deutsche Name Wetterstern.

Bei feuchter Witterung öffnet sich die Außenhülle des Wettersterns sternförmig. | Foto: Richard Sullivan, CC-BY-SA 3.0, Mushroom Observer

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