Der Betreuer einer Schafherde auf einem Bauernhof berichtet von deutlichen Verhaltensstörungen der Tiere. Sie taumelten, waren träge und schliefen viel – ein Tier verendete. Auffallend war das üppige Wachstum von Fruchtkörpern des Krönchenträuschlings. Nachdem die Schafe auf einer anderen Weide grasten, verschwanden die Symptome.

 

Die Vergiftung einer Schafherde durch Stropharia coronilla (Bull.) Quél. 1872

von Rosemarie Kießling, Wilh.-v.-Polenz-Str. 21, 02625 Bautzen

 

Das Ereignis

Am 3.7.2007 hatte ich eine Pilzberatung der besonderen Art, die meinen Glauben daran, dass Tiere wissen, was gut für sie ist und was nicht, schwer erschüttert hat.

Ein junger Mann legte mir ein sehr gutes Sortiment von Krönchenträuschlingen vor. Er ist ein recht guter Pilzkenner und hat sogar einmal als Interessent an einer der Herbsttagungen unserer Oberlausitzer Gruppe teilgenommen. Er ist der Betreuer von Weidetieren auf einem Bauernhof. Dort zeigten die Tiere einer Schafherde deutliche Verhaltensstörungen. Sie taumelten, waren träge, schliefen viel. Der Gesichtsausdruck soll „geradezu dämlich” gewesen sein. Ein Tier verendete. Der Zustand schien ihnen trotzdem zu gefallen. In der Koppel wuchsen Pilze, das Wachstum war geradezu üppig. Er vermutete einen Zusammenhang und kam in Absprache mit dem Tierarzt, der auch keine andere Lösung wusste, zu mir.

Die Bestimmung der Pilze war zwar einfach, aber als er erzählt hatte, was passiert war, kam ich doch ins Grübeln. Aber die mikroskopische Untersuchung bestätigte die Bestimmung als Stropharia coronilla. Die Tiere wurden auf eine andere Koppel getrieben, einen Tag später waren sie wieder gesund. Das Unglück der Schafe war wohl die große Anzahl der Pilze, so wurde aus dem „Genussmittel” das „Gift”.

Die Recherche

Den erwarteten Hinweis gab es in Flammer & Horak (2003), aber zunächst nur als Angabe zum Syndrom: Psilocybesyndrom, im Text zu diesem Syndrom gab es keine weiteren Hinweise. Die richtige Stelle habe ich erst einige Tage später gefunden und zwar unter „Gastrointestinales Frühsyndrom”, (S. 47):

Mycena pura, Omphalotus olearius und Stropharia coronilla enthalten Toxine, die eine dem Muscarin und Psilocybin ähnliche Wirkung vermuten lassen.

Zurzeit gilt der Krönchenträuschling als psilocybinhaltiger Kleinpilz.

Bei Bresinsky & Besl (1990) gab es folgende Angaben (übersetzt):

In europäischen Arten der Gattung Stropharia wurde kein Psilocybin gefunden. Ein ernsthafter Vergiftungsfall mit Stropharia coronilla wurde aus Arkansas beschrieben, aber er konnte keinem der bekannten Syndrome zugeordnet werden.

An anderer Stelle

Vielleicht nicht harmlos.

Bei Roth et al. (1990) findet sich eine Beschreibung des Vergiftungsbildes, gleichfalls bei Daunderer (1995).

Das Bundesministerium für Risikobewertung in Berlin führt in der Broschüre „Risiko Pilze – Einschätzung und Hinweise“ (BfR-Pressestelle, Berlin 2005) S. coronilla als Psilocybin-Syndrom verursachenden Pilz auf (Herr Prof. Dr. Siegmar Berndt per E-Mail).

Nach Michael et al. (1983–1988) ist der Krönchenträuschling essbar. Zu der Zeit, als das Werk erschienen war, habe ich Pilzbüchern zwar noch getraut, aber der Geruch des Pilzes war mir schon immer so unangenehm, dass ich auf die Kostprobe oder gar den Test als Speisepilz verzichtet habe.

Bei Ludwig (2001) steht unter Stropharia hornemannii unter der Fußnote 1, dass in skandinavischen Ländern Vergiftungen bei freigrasenden Tieren vorgekommen sein sollen, dass dafür aber kein verlässlicher Beweis vorliegt.

Brand-, Rost- oder Schimmelpilze oder irgendwelche Giftpflanzen als Ursache können ausgeschlossen werden, weil darüber sehr viel bekannt ist (Frohner 1890) und der Tierarzt zu dem Fall gerufen worden war. Der Bauernhof ist ein zertifizierter Biohof.

Literatur und Quellen

  • Bresinsky, A. & H. Besl (1990): A Colour Atlas of Poisonous Fungi. Wolfe, London (UK).
  • Daunderer, M. (1995): Pilze, psilocybinhaltig. m—11.3.1. Klinische Toxikologie 98. Erg.-Lfg. 9/95. Ecomed: 1–2.
  • Flammer, R. & E. Horak (2003): Giftpilze – Pilzgifte. Schwabe, Basel (CH).
  • Frohner, E. (1890): Lehrbuch der Toxikologie für Thierärzte. Enke, Stuttgart.
  • Ludwig, E. (2001): Pilzkompendium, Band 1. Beschreibungen. IHW, Eching.
  • Michael, E., B. Hennig & H. Kreisel (1983–1988): Handbuch für Pilzfreunde. 5. Auflage. Gustav Fischer, Jena und Stuttgart.
  • Roth, L., H. Frank & K. Kormann (1990): Giftpilze – Pilzgifte. Nikol, Hamburg.

Krönchenträuschling (Stropharia coronilla) | Foto: Andreas Kunze

Seitenanfang