Herr Horst Staub, Mannheim, schilderte den Fall eines 29-jährigen Italieners, der einige Wochen zuvor Pilze gesammelt und tiefgefroren hatte. Nach Verzehr der Pilze klagte er über heftigstes Brennen im Mund und Rachen, gefolgt von Herzrasen und Kaltschweissigkeit. Übelkeit, Erbrechen und Durchfall wurden verneint. Wegen erhöhter Leberwerte wurde in der Klinik das Phalloides-Programm eingeleitet. Nachdem kein weiterer Anstieg der Transaminasen erfolgte, Amanitin im Urin negativ war und es dem Patienten wieder gut ging, wurde die Silibinin-Therapie beendet.

Der PSV fand im Gefrierbeutel Röhrlinge, überwiegend Raustielröhrlinge, aber keine Blätterpilze. Der Krankenakte konnte ich entnehmen, dass die leicht erhöhten Leberwerte vorbekannt (Folge einer Fettleber) waren.

Ich fasse diese ungewöhnliche, mit Brennen im Halsbereich beginnende und von Kreislaufreaktionen gefolgte Symptomatik als eine lokale individuelle IgE – Nahrungsmittelallergie vom Soforttyp auf. Zu dieser Deutung passen auch die erhöhten und bei Entlassung nach 2 Tagen normalisierten Entzündungsparameter. Weiter spricht für diese Annahme, dass der Betroffenen den „Säureblocker“ Pantozol WZ regelmäßig einnimmt und es zu einem Summationseffekt mit dem Pilzeiweißallergen gekommen sein könnte (siehe auch meine Ausführungen in den Beilagen zur Z. Mykol. 76[2], S. 61–62, 2010). Zusammenfassend kann das Ereignis somit zu den „unechten Pilzvergiftungen“ gezählt werden.

Prof. Dr. Siemar Berndt, DGfM-Toxikologe

Birkenpilz (Leccinum scabrum) | Foto: Vesna Maric (kalipso), MushroomObserver.org, CC-BY-SA-3.0

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