An einem warmen und feuchten Sommertag Ende Juli 2014 durchstreiften Rainer Wald (Monheim) und Karl Wehr (Krefeld) die Kalk-Buchenwälder der Eifel. Der Juni war recht trocken gewesen, doch seit Monatsende/Anfang Juli regnete es immer wieder ergiebig. Nach und nach füllte sich die Sammelbox für Bestimmlinge mit Saftlingen, Zärtlingen und Sprödblättlern. Dann tauchten die ersten dickfleischigen Röhrlinge auf: der Sommersteinpilz (Boletus aestivalis), der Schwarzhütige Steinpilz oder Bronzeröhrling (B. aereus) und der Silber- oder Sommer-Röhrling (Butyriboletus fechtneri) – ein gelungener Auftakt!
Rainer Wald schlug vor, ein nahes Waldgebiet aufzusuchen, das er vor Jahren einmal begangen hatte. Damals hatte er dort den Goldporigen Röhrling (Aureoboletus gentilis) und den Flockenstäubling (Lycoperdon mammiforme) gefunden, also durchaus Arten, die auf „mehr” hoffen ließen.
Ökologie des Areals
Beim Habitat handelt sich um einen wärmebegünstigten Laubwald auf einer leicht nach Südwesten geneigten Kuppe aus Buchen, Eichen und ein paar Eschen. Der Boden besteht aus tiefgründigem und stellenweise völlig kahlem Kalklehm. Teils wachsen dort Seggen, in einigen Bereichen auch etwas höhere Gräser. Der Wind hält die Laubschicht dort meist sehr dünn. Durch das Gebiet läuft ein verwilderter Waldweg, der auf etwa 430 m ü. NN beginnt und die Erhöhung bis auf 520 m ü. NN hinaufführt.
Auf ins Röhrlingsparadies
Die beiden Pilzkundler fuhren außen herum auf diesen Berg, um das Gebiet von oben zu inspizieren. Es war noch genauso urig, wie Rainer Wald es in Erinnerung hatte. Während sich Karl Wehr einer Gruppe Täublinge widmete, entdeckte sein Begleiter eine Gruppe mit rosafarbenen Exemplaren des Gelbhütigen Purpurröhrlings (Imperator luteocupreus), die sich sonnten. Alleine deshalb hatte sich die Exkursion bereits gelohnt.
In der folgenden Stunde, keine 50 m weiter, stießen sie auf ein weiteres Feld mit neun Stück des Gelbhütigen Purpurröhrlings. Damit nicht genug konnten sie in der Ferne bereits die nächste Gruppe mit großen Röhrlingen ausmachen: ebenfalls I. luteocupreus mit elf wunderschönen Fruchtkörpern. Nach ausgiebigem Fotografieren kehrten die Pilzfreunde um. Auf dem Rückweg des gerade mal zur Hälfte begangenen Walds stießen sie noch auf drei weitere Myzelien dieses seltenen Boleten. Für weitere dort stehende Arten blieb an diesem Tag keine Zeit.
Besuch des Röhrlingsspezialisten Schreiner
Später zu Hause angekommen schrieb Rainer Wald dem Röhrlingsspezialisten Jürgen Schreiner (Karlstadt) eine E-Mail. Darin berichtete von dem Erlebten und übersandte Bildmaterial. Kurz darauf meldete sich Schreiner zu einem Besuch an, insbesondere wegen der schönen Form des Gelbhütigen Purpurröhrlings.
Gleich am nächsten Tag begingen Wald, Schreiner und seine Begleitung das Gebiet erneut. Diesmal von unten und das Schauspiel mit dem Gelbhütigen Purpurröhrling begann von Neuem. Kaum waren sie auf dem verwilderten Waldweg, stießen sie auf ein Myzel mit vier Fruchtkörpern. Etwa 60 m weiter erspähten sie schon eine weitere Gruppe: 14 ausgewachsene Exemplare dieses Exoten in voller Pracht!
Dennoch war das Ziel zunächst die rosahütige Gruppe auf der Bergkuppe. Auf dem Weg dorthin entdeckten sie noch weitere Röhrlinge, die gerade erst mit der Fruktifikation begannen. Zu den Funden zählten der Blauende oder Falsche Königsröhrling (Butyriboletus fucoroseus) und der Silber- oder Sommerröhrling (Bu. fechtneri).
Der Tag brachte dann unzählige Aufnahmen von mindestens acht Myzelien und weit über 50 Fruchtkörpern des Gelbhütigen Purpurröhrlings.
Weitere bedeutsame Röhrlingsfunde
Ein paar Tage später besuchten Rainer Wald und sein Freund Frank Röger (Troisdorf) diesen spektakulären Wald aufs Neue. Vom Gelbhütigen Purpurröhrling waren nur noch Leichen übrig. Dafür waren jede Menge anderer interessanter Arten zu sehen.
An mehreren Stellen erschien der Blasshütige Purpurröhrling (Rubroboletus rhodoxanthus), wiederum der Silberröhrling und auch der Goldporige Röhrling konnte wiedergefunden werden. Es gab große Mengen des Sommersteinpilzes und ein paar Exemplare des Schwarzhütigen Steinpilzes. Angrenzend an diesen Wald konnte Rainer Wald das vierte Mal den Ochsenröhrling (Imperator torosus) für die Elfel vermeken, ebenso den Weinroten Purpurröhrling (R. rubrosanguineus).
Beeindruckendes Artenspektrum
Zu den bemerkenswerten Leistlingen gehörten die Graue Kraterelle (Craterellus cinereus), die untermischt mit der Herbst- oder Totentrompete (Cr. cornucopioides) wuchs, die Schwärzende Kraterelle (Cr. melanoxeros) und der Bereifte Pfifferling (Cantharellus subpruinosus). Außerdem konnten die beiden Pilzkundler einige Ramarien verzeichnen: die Hahnenkamm-Koralle (Ramaria botrytis), die Buchenkoralle (R. fagetorum), die Gelbliche Koralle (R. flavescens) und die Schwefelgelbe Koralle (R. flava).
Rainer Wald freute sich über zahlreiche Fruchtkörper des Graublättrigen Ritterlings (Tricholoma luridum), des Gelbflockigen Wulstlings (Amanita franchetii) und den Wiederfund des Flockenstäublings (Lycoperdon mammiforme). Von den Sprödblättlern waren besonders der Dunkle Korallenmilchling (Lactarius romagnesii) erwähnenswert und ein noch unbestimmter Schwärztäubling, der in Gent zur Sequenzierung liegt.
Weitere Funde sind der Kleinsporige Grünspanbecherling (Chlorociboria aeruginascens), der Beschleierte Zwitterling (Asterophora parasitica) sowie der Eichhase (Polyporus undulatus).
Dies waren nur die halbwegs erwähnenswerten Arten.
Abruptes Ende
Im September machten dann drei Wochen relative Trockenheit dem Treiben den Garaus. Es wäre sehr interessant gewesen, noch einen Eindruck der dort vorkommenden Schleierlinge zu bekommen. Bis auf eine Handvoll der Schleiereule (Cortinarius praestans) hat es dafür nicht mehr gereicht. Es bleibt daher spannend, wie sich die nächsten Jahre entwickeln.
Danksagung
Zuletzt möchte ich mich bei meinen Pilzfreunden Karl Wehr und Frank Röger für die fachliche Beratung sowie die Bestimmung einiger kritischer Arten bedanken. Des weiteren bei Jürgen Schreiner, Rainer Czech und Bodo Förster für die gemeinsamen Exkursionen. Nochmals bei Jürgen Schreiner für den Besuch und die fruchtbaren Informationen um den Gelbhütigen Purpurröhrling. Felix Hampe danke ich für die Täublingsbehandlung mit Karl Wehr.
Rainer Wald
Ursprünglich in Der Tintling 93, Heft 2/2015, publiziert; für die Online-Veröffentlichung überarbeitet und illustriert.