Der Oscar-Brefeld-Preis wurde am 5. Oktober 2021 während der Jubiläumstagung „100 Jahre DGfM“ in Blaubeuren an Dr. Oleksander Ordynets für seine außerordentlichen Verdienste bei der Erforschung der Diversität aphyllophoroider Pilze verliehen.

 

Laudatio von Prof. Dr. Ewald Langer

Ich lernte Oleksander Ordynets zum ersten Mal kennen als er im Rahmen eines Wissenschaftleraustausches der Universität Marburg nach Deutschland kam. Er besuchte damals mit seinem Kollegen Eugen Dykyi für einen Tag auch die Universität Kassel und hielt an meinem Fachgebiet Ökologie den Vortrag "Aphyllophoroid fungi in Ukraine". Der Vortrag beeindruckte mich sehr. Ich suchte seinerzeit nach einem Doktoranden und schlug ihm vor sich an meinem Fachgebiet zu bewerben. In den folgenden Wochen hatten wir Online-Treffen und Interviews, was technisch und mental nicht einfach war. Das Heimatland zu verlassen ist eine schwerwiegende Entscheidung. Am 1. Dezember 2013 wurde Oleksander am Fachgebiet Ökologie als Doktorand angestellt.

Oleksander begann seine wissenschaftliche Karriere an der Karazin Kharkiv National Universität, Ukraine, mit einem Bachelorabschluss mit Auszeichnung im Juni 2009. Ein Jahr später erwarb es seinen Masterabschluss an derselben Institution, ebenfalls mit Auszeichnung. Der Titel der Abschlussarbeit lautete “Diversity and ecology of Aphyllophoralean fungi in the forests of Siverskyi Donets River basin (Eastern Ukraine)”. Der Betreuer war Alexander Akulov. Ab diesem Zeitpunkt arbeitete er im Pflanzenpathologischen Labor der staatlichen Pflanzenquarantäne in Kharkiv bis Januar 2013. Während dieser Zeit veröffentlichte er nicht weniger als sieben Publikationen über die Diversität aphyllophoroider Pilze der Ukraine.

Während seiner Zeit als Doktorand an der Universität Kassel publizierte er 11 Artikel, davon vier als Erstautor. Er beschrieb zwei neue Trechispora-Arten von La Réunion "Two new Trechispora species from La Réunion Island" in Mycological Progress. In 2017 publizierte er ein Datenpaper "Aphyllophoroid fungi in insular woodlands of eastern Ukraine" im Biodiversity Data Journal. Dieser Datensatz stellt eine Checkliste der aphyllophoroiden Taxa der Ostukraine zur Verfügung. Die Daten wurden mit der PlutoF workbench bearbeitet, die auch an GBIF angebunden ist. Er publizierte darin 3.418 Datensätze, davon 2.727 Belege und 691 Beobachtungen von Pilzfruchtkörpern, die zu 349 Pilzarten gehören – ein sehr gutes Beispiel dafür, wie Daten heutzutage online zur Verfügung gestellt werden können! Ein anderes hervorragendes Beispiel für Datenanalyse ist sein 2018 im Journal of Biogeography veröffentlichtes Paper "Do plant-based biogeographical regions shape aphyllophoroid fungal communities in Europe?" Hierfür analysierte er über 14.000 Datensätze von fast 1.500 aphyllophoroiden Pilzarten aus 39 Gebieten in 17 Ländern. Indem er die Zusammensetzung der pilzlichen Artengemeinschaft und deren Artenreichtum der untersuchten Gebiete analysierte, konnte er feststellen, dass Europäische Pilzgemeinschaften von verschiedenen Diversitätskomponenten abhängig sind: Der Artenreichtum der Gemeinschaften wird am besten durch die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaften erklärt. Die beta-Diversität und der Artenwechsel von Gemeinschaften erklärt sich aus dem Klima und der Besiedelung von unterschiedlichen Baumarten. Eine andere sehr wichtige Publikation während seiner Doktorandenzeit war "Short-spored Subulicystidium (Trechisporales, Basidiomycota): high morphological diversity and only partly clear species boundaries" 2018 in MycoKeys veröffentlicht. In dieser Studie untersuchte er 144 Subulicystidium-Belege aus der Paleo- und Neotropis. Es wurden 94 ITS- und 51 LSU-DNA-Sequenzen von Fruchtkörpern von Subulicystidium neu generiert und mit neuster Methodik analysiert. Als Ergebnis wurden 11 neue Subulicystidium-Arten beschrieben nämlich Subulicystidium boidinii, S. fusisporum, S. grandisporum, S. harpagum, S. inornatum, S. oberwinkleri, S. parvisporum, S. rarocrystallinum, S. robustius, S. ryvardenii und S. tedersooi. S. naviculatum, S. nikau, S. obtusisporum, S. brachysporum und S. meridense wurden aufgrund molekularer Daten revidiert. Nur nebenbei: Für diese Arbeit wurden 2.840 Sporen von 67 sequenzierten Belegen vermessen und dokumentiert.

Seine Promotion erlangte Oleksander am 23. Oktober 2018 mit "summa cum laude" durch seine Dissertation “Diversity of aphyllophoroid fungi from taxonomical and biogeographical perspectives”.

Nach seiner exzellenten Dissertation führten ihn die methodischen Probleme die im Subulicystidium-Paper auftraten zu einem neuen Forschungsfeld: Die Analyse von Sporenformen mit neuen Methoden, Statistik und Morphometrik. Für diese Arbeiten wurde er als Postdoc am Fachgebiet Ökologie der Universität Kassel angestellt. Von Dezember 2018 bis heute publizierte er fünf Artikel, davon drei als Erstauthor. Desweiteren publizierte er 6 neue Methoden auf der Plattform protocols.io, alle mit DOI-Nummer, eine vorbildliche Praxis für transparente und kommunikative Wissenschaft.

In den Artikeln "Morphologically similar but not closely related: the long-spored species of Subulicystidium (Trechisporales, Basidiomycota)" in Mycological Progress und im Artikel "Geometric morphometric analysis of spore shapes improves identification of fungi" veröffentlicht in PLOS ONE, konnte Oleksander neue Verfahren zur Vermessung und mathematischen Analyse von Sporen mit Hilfe von elliptischen Fourierreihen und Hauptkomponentenanalyse entwickeln. Er erreichte hiermit die beste Bestimmungssicherheit mit einer Kombination von Größen- und Gestaltparametern. Das bedeutet, dass das Hinzufügen von geometrischer Form zu Strukturgrößen die Artbestimmung verbessert, egal ob bei pilzlichen Sporen, oder anderen biologischen Formen.

Zusammengefasst hat er 27 Publikationen, davon 15 als Erstautor veröffentlicht. In diesen Artikeln beschrieb er 13 neue Pilzarten. Er veröffentlichte 3 Datensätze sowie 6 neue Methoden. Er hielt viele Vorträge, betreute sehr viele Studenten und hielt Pilzkurse ab. Um sein Wissen auch der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, nahm er an vielen Veranstaltungen teil, zum Beispiel "Kennst Du diesen Pilz?" auf der Wissenschaftsnacht oder eine Pilzexkursion für die Bürger der Stadt Kassel im Zuge der “March of Science” Woche.

Herrn Oleksander Ordynets sei für seinen wissenschaftlichen Einsatz gedankt, die Unterstützung unserer Arbeitsgruppe, aber ebenso für seine Qualitäten als Mensch. Ich wünsche ihm für seine Zukunft alles Gute.
 

Veröffentlicht in den DGfM-Mitteilungen 2022/1, vorab online

Bilder

Dr. Oleksander Ordynets, der Preisträger 2021 des Oscar-Brefeld-Preises

Dr. Oleksander Ordynets, der Preisträger 2021 des Oscar-Brefeld-Preises

Verleihung der Urkunde während der Jubiläumstagung „100 Jahre DGfM“ in Blaubeuren; Prof. Dr. Meike Piepenbring, Prof. Dr. Ewald Langer, Dr. Oleksander Ordynets (von links)

Verleihung der Urkunde während der Jubiläumstagung „100 Jahre DGfM“ in Blaubeuren; Prof. Dr. Meike Piepenbring, Prof. Dr. Ewald Langer, Dr. Oleksander Ordynets (von links) | Bild: Georg Schabel

Design der Urkunde zum Oscar-Brefeld-Preis 2021

Design der Urkunde zum Oscar-Brefeld-Preis 2021 | Bild: Andreas Kunze, Dr. Rita Lüder

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