1. bis 7. Oktober 2021 – Tagungsbericht von Dr. Bernhard Otto

Für die Jubiläumstagung zum 100-jährigen Bestehen hatte sich die DGfM einiges vorgenommen: Exkursionen und Fundbearbeitung, Vorträge, Markt der Möglichkeiten, Mitgliederversammlung, wissenschaftliche Tagung und das rechtzeitige Erscheinen des prächtigen Jubiläumsbandes, der beim Tagungsbüro erworben werden konnte. Über 250 Teilnehmer aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt waren angereist, davon allein 150 zur wissenschaftlichen Tagung.

Ankunft war für viele der Donnerstag, da am Freitag schon die ersten Exkursionen angeboten wurden, bevor die Tagung am Freitagabend durch den Präsidenten Prof. Dr. Marco Thines und den Begrüßungsworten des Landrats Heiner Scheffold des Alb-Donau-Kreises offiziell eröffnet wurde. Im Anschluss erläuterte Christian W. Fischer von der Arbeitsgemeinschaft Mykologie Ulm e.V. (AMU) die Exkursionsgebiete einschließlich ihrer Geologie und Besonderheiten. Er und sein Team von der AMU haben dies exzellent vorbereitet, ebenso wie sie die Exkursionsleiter und viele Helfer vor Ort stellten. Dafür sei ihnen an dieser Stelle herzlich gedankt, ebenso wie den Helfern im Tagungsbüro rund um Babett Hübler.
 

 

Exkursionen und Top-5-Fundbesprechungen

Die Exkursionen führten uns täglich in die Karstlandschaften, die Tannenwälder, die Wachholderheiden und andere Biotope und waren ein Erlebnis für sich. Nur die sonst so reichhaltige Cortinarien-Funga wollte sich dieses Jahr nicht so recht zeigen.
Die täglichen Fundbesprechungen der Top 5 waren ein Muss auf dieser Tagung. Hervorheben möchte ich nur die Vorstellung der „Falschen Rotkappe“ Aureoboletus projectellus, die von dem Pilzsachverständigen Lutz Helbig aus Brandenburg mitgebracht und ausführlich erklärt wurde. Ein Röhrling, der aus Nordamerika zu uns eingeschleppt wurde und sich von Baltikum aus in den Kiefernwäldern entlang der Ostseeküste und Richtung Brandenburg ausdehnt. Dort, wo er auftaucht, erscheint er in kürzester Zeit massiv und ist ein beliebter Speisepilz.
 

Fundbearbeitung und Pilzausstellung

Zur Bearbeitung der Funde stand ein großer Saal zur Verfügung, in dem die fleißigen Mykologen die Bestimmungsarbeit an den mitgebrachten Mikroskopen und mit Hilfe der Literatur vornahmen. Von hier wanderten viele der Pilze mit korrektem Namen versehen in die Frischpilzausstellung der Jubiläumstagung, die am Samstag und Sonntag für die Öffentlichkeit zur Verfügung stand. Hier konnten sich die Besucher einen Überblick über die Vielfältigkeit des Pilzreichs verschaffen und zahlreiche Pilzsachverständige standen ihnen für Fragen und kleinere Führungen zu Verfügung.
 

Markt der Möglichkeiten

Parallel zur Pilzausstellung fand im Tagungszentrum am Wochenende ein Markt der Möglichkeiten statt. Hier konnten Aussteller rund um das Thema Pilze Ihre Produkte zeigen. Die Vielfalt war enorm:

  • Kleidung, Schmuck, Kunst und Dekoration,
  • Pilzprodukte wie z. B. Liköre zum leiblichen Genuss,
  • Mikroskopie, Laborausstattung und IR-Spektroskopie für die Pilzidentifikation,
  • Pilzmyzel als Werkstoff für Konstruktion und Gebäude mit Vorführung,
  • Ausstellung von lebensecht aussehenden 3D-Pilzmodellen von Lilo und Klaus Wechsler. Ein Einblick in die aufwändige Herstellung durch Abguss mit Silikon und anschließender Handkolorierung wurde Interessierten gewährt. Modelle von Pilzsporen, hergestellt durch 3D-Druck wurden ebenso gezeigt.
  • Verkaufsstände mit mykologischer Literatur und die Myko-Bibliothek mit historischen Büchern rund um das Thema Fliegenpilz, dem „Pilz des Jahres 2022“, der auf der Tagung verkündet wurde.
  • Naturschutzprojekte und -organisationen, Vorstellung der Ausbildung zum Feldmykologen
  • Stände für den PilzCoach-Bedarf (Färben von Textilien, Spiele, Bastelmaterialien) usw.
  • Das Thema Feuermachen und Zunder im Laufe der Menschheitsgeschichte mit praktischer Vorführung
     

Eine tolle Premiere – ein Tagungsvideo

Wer unser Mitglied Bernd Meißner alias Snokri durch seinen YouTube-Kanal „Ein Korb voll Pilze“ noch nicht kennt, wird ihn spätestens durch das stimmungsvolle Tagungsvideo unserer 100-Jahr-Feier kennenlernen:

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Doku der internationalen Jubiläumstagung „100 Jahre DGfM“ in Blaubeuren | Video: Bernd Meißner
 

Danach wird auch allen klar sein, warum unser Slogan „begeistert von Pilzen“ lautet: Pilze sind ebenso vielfältig und inspirierend, wie es die Tagung war und dieser Beitrag ist.

Herzlichen Dank an Bernd und allen viel Spaß mit den Eindrücken von der Tagung 2021!


 

Förderpreise und Mitgliederversammlung

Im Laufe der Tagung fand natürlich auch die Verleihung der Medienpreise und des Adalbert-Ricken-Preises statt, sowie die Mitgliederversammlung, auf der das „alte“ Präsidium wiedergewählt und die Ehrenmitgliedschaften an verdiente Mitglieder verliehen wurden. Aber darüber gibt es eigene Berichterstattungen.

Das Präsidium stellte sich den kritischen Fragen der Teilnehmer und sparte auch an Selbstkritik nicht, was wohlwollend aufgenommen wurde. Insgesamt verliefen die Mitgliederversammlung und die gesamte Tagung sehr harmonisch, sachlich und konstruktiv, was wohl keine Selbstverständlichkeit ist, wenn man in die Geschichte zurückblickt. Ein Lob an alle Teilnehmer, Helfer und das Präsidium.
 

Vortragsprogramm

Interessante Vorträge rundeten das Programm ab. Vom Vortrag über das „Morchella-Syndrom“ von Prof. Dr. Siegmar Berndt frei nach dem Motto „Wer in aller Welt isst 2 kg Morcheln?“, über „Pilzbiotechnologie als Innovationsmotor für eine nachhaltig Bioökonomie“ von Prof. Dr. Vera Meyer und der „Ökologische Relevanz von Fruchtkörpermerkmalen“ von Prof. Dr. Claus Bässler zu dem Vortrag von Prof. Dr. Kost über die „Geschichte der Mykologie“ (und der DGfM). Über die DGfM-Geschichte kann man sich auch ausführlich in dem Jubiläumsband informieren.
 

Wissenschaftliche Tagung

Am Montag begann die Wissenschaftstagung. Das Publikum wurde internationaler, jünger und die Tagungssprache wechselte von Deutsch auf Englisch. Exkursionen, Fundbearbeitung und Fundbesprechungen blieben weiter Tagungsbestandteil parallel zu den Vorträgen. Gleich am Montagabend brachte uns Günter Saar nach der Fundbesprechung den spannenden, aber auch mühsamen Weg „Vom Fund zur Neubeschreibung“ näher. Statt dem Markt der Möglichkeiten wurde im Nebenraum die Postersession aufgebaut, wo Informations- und Diskussionsmöglichkeiten bestanden. Und auch auf der Wissenschaftstagung wurden Preise verliehen, wie der Oscar-Brefeld-Preis und der Springer-Preis für junge Forscher.

Von den vielen Vorträgen der wissenschaftlichen Tagung war ein großer Teil auch für die Hobby-Mykologen interessant, besonders wenn es um Themen wie Neomyceten, Ökologie oder Neues von „Großpilz“-Gattungen ging, wie z. B. der Keynote-Vortrag vom Machiel Noordeloos zur Gattung Entoloma. Auch über das rein Fachliche hinaus war es schon beeindruckend zu sehen, wie das gemeinsame Interesse und die Begeisterung für Pilze die Menschen zusammenbringt und unter welchen Randbedingungen z. B. im Amazonasgebiet Mykologie stattfindet und was diese Arbeit dort für die Menschen bedeutet.
 

Barcamp-Sessions

Parallel zur Wissenschaftstagung wurde am Montag- und Dienstagnachmittag ein neues, interaktives Workshop-Format angeboten: die „MyCamp“ Barcamp-Sessions. Alle interessierten Teilnehmer schlugen Themen vor, entweder als Angebot oder als Wunsch, diese durchzusprechen. Anschließend wurden die zu behandelten Themen durch Abstimmung ausgewählt. Nach etwas Verwirrung hat das auch gut geklappt. Angeboten wurden z. B. Pilze und Recht, Pilze als Lebensmittel, Giftnotzentrale und Notfälle und einiges mehr. Aber es waren auch Themenwünsche da, wie Führungen für Tagungsteilnehmer durch die Pilzausstellung. Dem kamen Andreas Gminder für die Hellsporer und Felix Hampe für die Täublinge nach, was wohl einem großen Bedürfnis entsprach, wie die rege Teilnahme zeigte.
 

Resümee

Für mich war es die erste DGfM-Tagung aber bestimmt nicht die Letzte. Es war auch ein Wiedersehen mit vielen Freunden und Kennenlernen von interessanten, netten Menschen. Ich freue mich schon auf die Tagung 2023.
 

Danksagung

Die meisten Bilder in diesem Artikel stammen vom Tagungsfotografen Georg Schabel, dem dafür besonders herzlicher Dank gebührt. Ein Dankeschön geht an Andreas Kunze und Bernd Meißner für weitere Aufnahmen. Unser Dank gilt zudem Stefan Fischer für das Gros der Bilderauswahl, ebenso Andreas Kunze für ergänzende Impressionen und die Aufbereitung des Artikels zur Online-Veröffentlichung. Zu guter Letzt geht ein großes Dankeschön an Dr. Bernhard Otto, der seine Eindrücke von der Tagung für uns festgehalten hat.

 

Veröffentlicht in den DGfM-Mitteilungen 2022/1, online abweichend illustriert, mit Überschriften gegliedert und erweiterter Danksagung.

 


Finales Programm der DGfM-Jubiläumstagung 2021 in Blaubeuren (Stand 27.9.2021)
Autor: DGfM
Programme DGfM Conference (Stand 3.10.2021)
Autor: DGfM
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